Zweibahniger Ausbau der B300

Christoph Eichstaedt, Abteilungsleiter
Staatliches Bauamt Augsburg

Das Projekt steht ja kurz vor der Fertigstellung. Seit wann sind Sie am Projekt beteiligt?

Solche Projekte haben von der ersten Idee über die Planung bis zum Bau meistens eine sehr lange Laufzeit. Ich selbst bin erst mitten während des Baus dazu gekommen, als bereits die gesamte Planungsphase und der Genehmigungsprozess abgeschlossen und die ersten Bauabschnitte fertiggestellt waren. Im laufenden Projekt quer einzusteigen, ist natürlich eine Herausforderung. Aber ich glaube, es ist in unserem Beruf als Bauingenieur völlig normal, einmal Maßnahmen fortzuführen, die andere begonnen haben und ein anderes Mal Projekte vor ihrer Fertigstellung zu verlassen.

© Nürnberg Luftbild, Hajo Dietz, Projekt: Ausbau B 300 zwischen Dasing und Aichach

Wo waren Sie zuvor?

Nach meinem Studium des Bauingenieurwesens an der Technischen Hochschule in Karlsruhe arbeitete ich zunächst mehrere Jahre in einem mittelständischen Ingenieurbüro für Verkehrstechnik in der Schweiz. Anschließend habe ich mein Referendariat in Baden-Württemberg absolviert. Zuletzt war ich für sechs Jahre bei der Hessischen Straßenbauverwaltung, Hessen Mobil, in Darmstadt, bevor ich im Jahr 2016 zum Staatlichen Bauamt Augsburg wechselte.

Ein Bundeslandwechsel ist möglich?

Ja, ein solcher Wechsel funktioniert, sofern entsprechende Stellen verfügbar sind.

Was sind Ihre Aufgaben im Projekt als Abteilungsleiter?

Bei uns am Bauamt Augsburg ist es so aufgeteilt, dass eine Abteilung jeweils einen gesamten Landkreis betreut, bei mir ist das der Landkreis Aichach-Friedberg. Meine Abteilung und ich sind somit sowohl für alle Planungs- und Bauprojekte als auch für die Verwaltung der Straßen verantwortlich. Wir haben zudem Sonderaufgaben für den gesamten Amtsbezirk übernommen wie die Betreuung von BAYSIS, dem Bayerischen Straßen- und Informationssystem, sowie die Ausstattung der Straßen beispielsweise mit Schutzplanken.

Als Abteilungsleiter bin ich somit eher mit der Steuerung und Koordinierung der Projekte befasst. Das jeweilige Team sorgt dafür, dass alles reibungslos läuft. Von daher kann ich mich auf meine Mitarbeitenden verlassen: Die Bauleiterin, der Bauaufseher und der Planer, sie alle kennen das Projekt glücklicherweise aus dem Effeff, da sie in dieses Projekt von Anbeginn an eigenständig abwickeln. Ich selbst bin dann eingebunden, wenn wichtige Entscheidungen anstehen oder wenn etwas Unvorhergesehenes eintritt. Genauso bei der Öffentlichkeitsarbeit, wenn es darum geht, die Baumaßnahme darzustellen und die weiteren Schritte zu vermitteln. Ein Beispiel um dies zu verdeutlichen: Um die Abstimmung mit den Anwohnern kümmert sich in erster Linie unsere Bauleiterin, doch bei Meinungsverschiedenheiten bin ich als Abteilungsleiter auch mal vor Ort und suche mit den Beteiligten nach einer Lösung.

Was sind die Herausforderungen dieses Projekts?

Grundsätzlich ist das Bauen unter Verkehr eine größere Herausforderung. Wir haben bei diesem Projekt die Baumaßnahme in mehrere Bauabschnitte unterteilt und man muss sich bei jedem Teilabschnitt Gedanken machen, wie gewährleisten wir die Verkehrsführung während der Bauzeit, welche Provisorien sind nötig, wie schreiben wir das ganze aus. Für mich ebenfalls sehr spannend, da ich auf diese Weise mehrere Baufirmen kennenlernen konnte, die in dieser Region am Markt agieren.

Welche Bedeutung hatte die Öffentlichkeitsarbeit innerhalb des Projekts?

Diese Baumaßnahme dient zu einem wesentlichen Teil der Verkehrssicherheit, um die Unfallgefahr zu verringern. Auf der alten Straße mit zwei Fahrstreifen konnten Überholvorgänge leicht zu Unfällen im Gegenverkehr führen. Jetzt haben wir eine autobahnähnlich ausgebaute Straße, welche aufgrund der Richtungstrennung ein sicheres Überholen ermöglicht und die Stauanfälligkeit vermindert. Von daher genießt dieses Projekt an sich bereits sehr viel Unterstützung in der Bevölkerung und bei den politisch Verantwortlichen. Man muss aber dazu sagen, dass wir regelmäßig und umfassend mit Pressemitteilungen und Terminen vor Ort informiert haben, um laufend zu zeigen, was bereits getan wurde, und welche Arbeiten noch anstehen. Ich glaube, dass diese Informationen auch zu dem positiven Bild der Baumaßnahme beigetragen haben.

Wie verlief bisher die Baumaßnahme? Sind Sie im Plan?

Ja, ich finde, es läuft alles sogar extrem gut nach Plan. Ein Glücksfall, wenn man eine solche Maßnahme hat, denn es gibt auch Maßnahmen, bei denen ein Ärgernis nach dem Anderen auftritt. Grundsätzlich gibt es ja geologische Unvorhersehbarkeiten, da man nie ausschließen kann, dass sich im Baugrund eine Überraschung befindet; so genau lässt sich der Baugrund vorab gar nicht erkunden. In unserem Fall wurden in einem Bereich erhöhte Werte von geogenem Arsen festgestellt, das natürlicherweise im Boden vorkommt. Wir haben gemeinsam mit dem Landratsamt eine Verwertungsmöglichkeit innerhalb der Baustelle gefunden, so dass wir den Bodenaushub nicht abtransportieren und deponieren mussten. In diesem Fall konnte die Maßnahme also trotz der neuen Erkenntnis zeitlich und kostenmäßig nach Plan fortgesetzt werden. Aber wie gesagt, manchmal sind die Randbedingungen auch anders und die Konsequenzen größer.  

Lassen Sie mich an dieser Stelle ergänzen: Interessant ist für mich bei einem solchen Projekt auch immer, Einblick in Randthemen nehmen zu können. So hatte ich aufgrund der Thematik mit dem geogenen Arsen die Gelegenheit, eine entlang der B300 gelegenen Hausmülldeponie zu besichtigen und mir die Gaserzeugung sowie die Sickerwasserverwertung anzuschauen. Das sind spannende Nebenaspekte, die unsere enorme Themenvielfalt im Beruf zusätzlich bereichern.

Wie geht’s weiter bis zur geplanten Verkehrsfreigabe im September?

Von der insgesamt 5 km langen Strecke waren Anfang 2018 nur noch rund 1.000 m übrig, die restliche Straße ist bereits fertig. Im letzten Bauabschnitt musste zunächst im Frühjahr ein Berg abgetragen und dann der Untergrund vorbereitet werden. Nach Einbau der Frostschutzschicht  werden noch die vier Asphaltschichten eingebaut: zwei Lagen Tragschicht, eine Binderschicht sowie eine Deckschicht. Es fehlen noch diverse Entwässerungseinrichtungen, die Betonschutzwand im Mittelstreifen sowie die Beschilderung und die Wegweiser für die wiederum Traggerüste und Fundamente benötigt werden. Es ist also noch einiges zu tun.

War es Ihr erstes Projekt in Ihrer Tätigkeit in Augsburg?

Auf jeden Fall das größte inklusive Brückenbau, Regenrückhaltebecken und vielen weiteren Details wie beispielsweise einer Lärmschutzwand, einem Wildschutzzaun und somit das vielseitigste Projekt. Ansonsten laufen immer mehrere Projekte gleichzeitig, zum Beispiel Deckenerneuerungen. Aber es war das erste Projekt, das über beide Jahre lief, in denen ich jetzt dabei bin. Es war dabei sehr spannend zu sehen, wie sich die Strecke im Verlauf der Bautätigkeit verändert hat. Zu Beginn meiner Tätigkeit am Bauamt Augsburg war noch die ursprüngliche Straße vorhanden, bevor die Straße auf eine neue Fahrbahn mit zwei Spuren verlegt wurde. Im vergangenen Jahr konnte die alte Fahrbahn außer Betrieb genommen werden. Ich war einer der letzten, die diese Strecke am Gallenbacher Berg mit dem Auto gefahren sind und in diesem Jahr sieht man sie bereits nicht mehr, weil die Flächen den Landwirten zurückgegeben wurden. Da wächst jetzt schon Mais und Weizen. Wenn man sich das einmal genauer durch den Kopf gehen lässt… wir verändern die Welt!

Wenn man die bereits fertiggestellte Strecke entlang fährt, sieht man etwa in der Mitte in der Böschung ein Herz aus Steinen. Dies haben die Arbeiter einer ausführenden Baufirma hinterlassen. Ich persönlich finde das sehr bemerkenswert, dass die Baustelle so gesehen wird: Eine Baumaßnahme mit Herz hat schließlich nicht jeder.